Ein Gärtner mit Leib und Seele

20.05.2022 | Gisela Schweiker, Öffentlichkeitsarbeit EJW

Verabschiedung von Helmut Häußler nach 33 Jahren Dienst in der EJW-Landesstelle

33 Jahre war Helmut Häußler in der EJW-Landesstelle tätig und seit 2004 im Werks- und Personalbereich für 350 hauptamtliche Jugendreferentinnen und Jugendreferenten zuständig Am 6. Mai 2022 wurde er in den Ruhestand verabschiedet. Viele Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen, Familienmitglieder und Freunde waren der Einladung gefolgt und genossen es, sich wieder fast ohne Einschränkungen begegnen zu können. Cornelius Kuttler, der Leiter des EJW, bezeichnete Helmut Häußler in seiner Begrüßung als einen „Mann der Präsenz“, dem persönliche Begegnungen besonders wichtig sind.

Nach seiner Ausbildung zum Diakon am Johanneum in Wuppertal war Helmut Häußler zunächst im CVJM Winnenden tätig, bevor er 1989 als Landesjugendreferent für die Jungenarbeit in die EJW-Landesstelle wechselt. 1998 folgte der Wechsel in den Bereich Jugendpolitik und Öffentlichkeitsarbeit, seit 2004 war er Personalreferent im Werk- und Personalbereich. In diesen Jahren hat er Hauptamtliche in der evangelischen Jugendarbeit berufsbiografisch und seelsorgerlich begleitet, Stellenbesetzungsverfahren unterstützt und das EJW im Zusammenspiel mit der Evangelischen Landeskirche, mit Ausbildungsstätte und Anstellungsträgern vertreten.

Die Nachfolge von Helmut Häußler hat zum 1. Mai 2022 der 44-jährige Jan Bechle angetreten.

In ihrem Grußwort erinnerte Kirchenrätin Elvira Feil-Götz, Leiterin des Referats 2.3 Diakonat im Evangelischen Oberkirchenrat, an die lange Zusammenarbeit und zahlreiche gemeinsam abgehaltene Dienstprüfungen. Dabei habe sie Helmut Häußler als jemanden mit einem „wachen Blick für Persönlichkeiten“ erlebt. Bei Diskussionen und Entscheidungen in der Entwicklung des Diakonats habe er sich auch als streitbarer Geist gezeigt, Schwierigkeiten beim Namen genannt und stets den Verkündigungsauftrag im Berufsbild im Blick behalten.

In weiteren Grußwortenwurde hervorgehoben, dass der einzelne Mensch und das Schaffen von guten Arbeitsbedingungen für andere kennzeichnend für Helmut Häußler und seine Arbeit waren. „Dir ging’s immer darum, andere zu befähigen“, sagte Hansjörg Kopp, Generalsekretär des CVJM Deutschland. „Was wir im CVJM Deutschland von dir, von euch im EJW lernen können, ist, die ganze Berufsbiographie der Hauptamtlichen im Blick zu haben“.

Andreas Lämmle, Vorsitzender des EJW, der selbst von Helmut Häußler vor Jahren in den Redaktionskreis des „Steigbügel“ geholt wurde, bezeichnete ihn als einen, „bei dem Jugendarbeit zum Blühen kommen konnte“.

Das Bild vom Gärtner wurde auch von den Kolleginnen und Kollegen aus dem Werks- und Personalbereich aufgegriffen, passte es doch gut zum ursprünglich erlernten Beruf von Helmut Häußler, dem des „Bluzi“, Blumen- und Zierpflanzen-Gärtner. Das Team des Werks- und Personalbereichs formulierte ein Resümee für das „Gärtnerleben“ von Helmut Häußler im EJW: „Am Ende eines erfüllten Gärtnerlebens aber sind aus vielen Samenkörnern große Bäume, blühende Sträucher, und, und, und … gewachsen und tun es weiterhin. Warum und wie und weshalb und wodurch bleibt in Teilen immer ein Geheimnis. Das Wozu aber ist leicht zu beantworten: Nachhaltig gute Jugendarbeit – in Württemberg und darüber hinaus.“

Als Ausdruck der Anerkennung und Wertschätzung für sein hohes Engagement über 33 Jahre hinweg erhielt Helmut Häußler die Goldene EJW Nadel. Nach einem geistlichen Impuls von Cornelius Kuttler und der Entpflichtung von seinem Dienst, richtete der nunmehrige Ruheständler Worte des Dankes an die Menschen, die ihn berührt und mit denen er sich verbunden fühle. Ihm sei es immer wichtig gewesen, anderen Raum zu geben, damit sie sich entfalten können.

Vor seiner Verabschiedung hat Gisela Schweiker von der Öffentlichkeitsarbeit des EJW einige Fragen an Helmut Häußler gerichtet:

Seit April 2004 warst Du Personalreferent im EJW und Ansprechpartner für über 350 Hauptamtliche in der Jugendarbeit. Davor warst Du selbst lange Jahre als Jugendreferent auf Bezirks- und Landesebene tätig. Wie hat sich das Berufsbild in dieser Zeit verändert?

Als ich 1983 begonnen habe, sahen viele Hauptamtliche ihre Aufgabe darin, Ehrenamtliche in die Lage zu versetzen, selber die Jugendarbeit gestalten und entwickeln zu können. „Hauptamtliche machen sich entbehrlich!“ Mit meiner Vorerfahrung als Ehrenamtlicher hat mir das anfangs total eingeleuchtet. Mitzuhelfen, dass Jugendliche ihr Ding machen können, ist auch heute noch wichtig. Gleichzeitig wissen wir, dass Jugendarbeit, entsprechend der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, vielgestaltiger und sehr viel anspruchsvoller geworden ist. Jugendarbeit erschöpft sich längst nicht mehr in der klassischen Gruppen- und Freizeitarbeit. Neue Formen und Formate mussten in der Vergangenheit und müssen in der Zukunft entwickelt werden. Ohne Professionalität geht es nicht. Ehrenamtliche erwarten von Jugendreferentinnen und Jugendreferenten, dass sie das nötige Know-how mitbringen und anwenden können. Und so sind wir im Laufe der Jahre nicht weniger, sondern immer mehr Hauptamtliche geworden sind.

„Erst das gelingende Miteinander von Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen und der verfassten Kirche macht eine erfolgreiche Arbeit möglich“. Dies war immer Dein Anliegen im Werks- und Personalbereich des EJW. Wo lagen da die größten Herausforderungen? Wie war es möglich, dort eine Balance zu halten?

Miteinander im Gespräch, in einem echten Austausch auf Augenhöhe zu bleiben, das war und ist wohl die größte Herausforderung. Das hört sich banal an, die Praxis aber hat gezeigt, dass die meisten Konflikte und Missverständnisse dort entstanden sind, wo das Gespräch, der geregelte Austausch auf der Strecke blieben. Voraussetzung für diese Gespräche ist die Rollen- und Aufgabenklarheit der Beteiligten. Die Hauptamtlichen sind nicht bezahlte Vollzeitehrenamtliche. Ehrenamtliche, die Fachaufsicht führen, müssen keine Fachleute für Jugendarbeit sein, sondern Gegenüber, die Fragen stellen und so zur Klärung beitragen. Und die Vertreter der verfassten Kirche tun sicher gut daran, ein grundsätzliches Ja zur Ordnung der Jugendarbeit in Württemberg zu haben.

Was würdest Du jungen Menschen mit auf den Weg geben, die sich überlegen, Jugendreferentin oder Jugendreferent zu werden?

Jugendarbeit, so wie wir sie in Württemberg als Hauptamtliche mitgestalten können, ist für mich nach wie vor das Schönste, was ich mir vorstellen kann. Als Hauptamtliche oder Hauptamtlicher in der Jugendarbeit kann man Gaben entwickeln, den eigenen Glauben entfalten, mit anderen teilen und die Liebe und Treue unseres Gottes erleben. Das Besondere dieses Berufes ist es, dass man ein Maximum an Gestaltungs- und Freiräumen hat. Wer das liebt und damit umgehen kann, findet seinen Platz. Wer allerdings feste Strukturen im Sinne von geregelten Arbeitszeiten, einer detaillierte Aufgabenbeschreibung und einer engmaschigen Begleitung will und braucht, ist wahrscheinlich in anderen Berufsfeldern besser aufgehoben.

Du bist gelernter Gärtner. Welche Fähigkeiten, die man in diesem Beruf braucht, konntest Du auch in Deiner Tätigkeit im EJW anwenden?

In den grünen Berufen bekommt man einen Blick für das Leben. Alles braucht seine Zeit. In unserer hochtechnisierten Welt sind wir gefährdet, immer sofort nach dem Ergebnis, dem fertigen Produkt zu fragen. Dabei wissen wir eigentlich, dass der Weg zur Ernte ein mühsamer ist. Den Boden bereiten, säen, pflegen und dann ernten, was gewachsen ist. Was wächst, steht nicht in unserer Macht. Und dann sind da noch die Jahreszeiten. Wir neigen dazu, die dunklen und unwirtlichen Zeiten möglichst schnell hinter uns zu bringen. Dabei wird gerade in dieser Zeit die Frucht angelegt. Konflikte, gescheiterte Projekte, Krankheit … – vielleicht ist es ja Herbst und Winter? Und da bilden sich neue Knospen, bereitet sich ein neuer Aufbruch vor.

Welche großen Herausforderungen siehst Du für die christliche Jugendarbeit und für das Berufsbild der Jugendreferentinnen und Jugendreferenten?

Zuerst dies: Ich freue mich über die Gaben und das geistliche Profil der jungen Generation von Hauptamtlichen in der Jugendarbeit. Sie haben alles, was sie brauchen, um die großen Herausforderungen anzugehen. Wie die Herausforderungen aussehen? Manches zeichnet sich schon länger ab. Frühjahr und Sommer scheinen vorbei. Jugendarbeit in einer Volkskirche, die immer mehr zur Minderheitenkirche wird. Arbeit, die sich mit immer weniger Kirchensteuern und mit immer mehr Spendenmitteln finanzieren wird. Wahrscheinlich werden die frei finanzierten Stellen noch mehr und die andern weniger. Sicherheiten werden wegbrechen.

Die Hauptamtlichen der Zukunft sind mehr als je zuvor darauf angewiesen, dass sie erleben, dass sie Teil eines größeren Ganzen sind, einer tragenden Gemeinschaft von Haupt- und Ehrenamtlichen, von Jung und Alt, Menschen, die voller Zuversicht Glauben und Leben teilen.

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