Evangelisches Jugendwerk setzt den Fokus auf Stärkung von Verkündigung, Förderung von Ehrenamt und Entwicklung neuer Formate
„Tut um Gottes Willen etwas Tapferes“ – dieses etwas ungewöhnliche Zitat des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli hatte Cornelius Kuttler, der Leiter des EJW, als Leitmotiv für seinen Bericht bei der diesjährigen Delegiertenversammlung des EJW am 13. Mai 2023 im Tagungszentrum Bernhäuser Forst gewählt. Damit stellte er den Herausforderungen, vor denen Evangelische Jugendarbeit angesichts von schwieriger werdenden Rahmenbedingungen steht, den Auftrag und die Hoffnung gegenüber, gerade jetzt Neues zu wagen, mutige Aufbrüche zu gestalten: „Wir wollen nicht Niedergang verwalten, sondern mit und für junge Menschen Zukunft gestalten“
Der ehrenamtliche Vorsitzende des EJW, Andreas Lämmle, konkretisierte die Schritte, mit denen der Vorstand des EJW diese Grundausrichtung umsetzen möchte: Stärkung der Verkündigung, Förderung von Ehrenamt und Entwicklung neuer Formate, mit denen flexibel und bedürfnisorientiert in gesellschaftlicher Veränderung agiert werden kann.
Junge Menschen – auch Mitarbeitende – haben sich verändert
Dieter Braun, Fachlicher Leiter des EJW, ging in seinem persönlichen Bericht auf die Veränderungen ein, die in der Jugendarbeit nicht erst seit der Coronapandemie zu beobachten seien: „Wenn wir auch Jugendliche aus einem zunehmend säkularisierten Umfeld erreichen wollen, müssen sich auch bisherige Formen der Jugendarbeit ändern und Beziehungsarbeit muss noch mehr in den Fokus gerückt werden“. Als Beispiel nannte er das CLUBCAMP, das mit verändertem Konzept – Anmeldung als Gruppe mit Bezugsmitarbeitenden – im vergangenen Jahr in kürzester Zeit ausgebucht war. Für dieses Jahr werden erstmals über 1.000 Teilnehmende erwartet.
Eine weitere Beobachtung sei, dass zunehmend junge Menschen Schwierigkeiten haben, an einem anderen Ort als zu Hause zu übernachten. Als neues Angebot wird daher für Mai 2024 eine Ein-Tages-Veranstaltung für Mädchen und Jungen zwischen 13 und 17 Jahren geplant. DAY ONE soll – wie das CLUBCAMP – ein unterstützendes Angebot für die Jugendarbeiten in den CVJM, den Gemeinden und Bezirken sein.
Landesjugendpfarrer Matthias Rumm ermutigte in seinem Bericht dazu, sich den aktuellen Herausforderungen für die Jugendarbeit, wie beispielsweise der Frage nach der mentalen Gesundheit von jungen Menschen, zu stellen und dabei Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt zu stellen.
Gesprächsformat zum Thema „Queer Sein“ eingerichtet
Bei der Delegiertenversammlung 2022 hatten die Delegierten auf Antrag des EJW Bezirk Mühlacker die Einrichtung eines Gesprächsformats auf Landesebene zu Fragen des „Queer-Seins“ beschlossen. Andreas Lämmle berichtete, dass inzwischen zwei Treffen des Arbeitskreises mit sehr großer Beteiligung stattgefunden haben. Es brauche Sensibilität und ernsthaftes Zuhören. Notwendig sei eine Begleitung durch die Landesstelle im Blick auf konkrete Fragestellungen der Praxis der Jugendarbeit (z.B. bei Freizeiten).
Als Ansprechpersonen in der Landesstelle des EJW wurden Alma Ulmer, Steffi Schwarz und Andreas Forro benannt. Das Ansprechteam wird u.a. Möglichkeiten für den Austausch über „Queer-Sein in der Jugendarbeit“ anbieten. Außerdem wurde ein Impulspapier erarbeitet mit Gesprächsanregungen und Impulsen für Gremien und Gruppen. Ziel ist, dass zum offenen Gespräch ermutigt wird.
„Evangelische Jugendarbeit am Lebensort Schule“
Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Delegiertenversammlung war die Beschäftigung mit veränderten Rahmenbedingungen in Schulen durch den Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2026/27. Nach einer Einführung durch Oliver Pum, Landesjugendreferent in der Schülerinnen- und Schülerarbeit, berichteten drei Personen aus verschiedenen Feldern der Jugendarbeit von ihren Erfahrungen in der Kooperation von Jugendarbeit und Schule. Lukas Ulmer, Referent für schulbezogene Jugendarbeit im EJW Kirchheim/Teck sieht große Chancen für die Jugendarbeit: „Wir können dort hingehen, wo die Kids sind und Zeit für ihre Anliegen haben.“ Viola Schneider, 1. Vorsitzende der Evangelischen Jugend Stuttgart (ejus), sieht Herausforderungen vor allem in der Verlässlichkeit bei der Ganztagsbetreuung. Das sei nur mit Hauptamtlichen zu gewährleisten. Nach Meinung von Michael Medla, Diözesanleiter BDKJ/BJA und Vorsitzender des Kreisjugendrings Esslingen, muss Jugendarbeit an der Schule eine „qualitätsvolle Zeit sein, mit Prinzipien, die uns wichtig sind: Freiwilligkeit als zentrales Kriterium, vielseitiges Angebot und die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen.“
Mit dem Impulspapier „Evangelische Jugendarbeit am Lebensort Schule“, das von der Delegiertenversammlung verabschiedet wurde, setzt das EJW nach Aussage von Cornelius Kuttler ein erstes Signal. Der Vorstand wurde beauftragt, gemeinsam mit anderen außerschulischen Partnern die Expertise der Evangelischen Jugendarbeit in die aktuellen politischen Entwicklungen einzubringen und auf ein gemeinsames Gesamtkonzept mit Land und Kommunen hinzuwirken.
Neue Mitarbeitende eingeführt
Beim Gottesdienst zum Beginn der Delegiertenversammlung, wurden Verena Friebolin als Referentin für das Projekt „Starke Mädchen – stark fürs Leben“, Martin Grauer als Pfarrer zur Dienstaushilfe beim Leiter des EJW, Stefanie Luipold als Projektreferentin in der Posaunenarbeit, Gisela Schweiker als Landesreferentin in der Öffentlichkeitsarbeit des EJW und Manuel Uzelmaier als Projektreferent für „Outdoor-Jungschar“ in ihre Aufgaben eingeführt.
Abschluss der EJW Leitungsakademie für zehn ehrenamtlich Verantwortliche
Ebenfalls im Rahmen des Gottesdienstes erhielten die Absolventinnen und Absolventen der 15. EJW Leitungsakademie 2022/2023 ihre Abschlusszertifikate. Axel Kolb (1. Vorsitzender EJW Bezirk Heidenheim), Samuel Kreutz (Leitungsteam CVJM Bondorf), Jonathan Golder (Vorsitzender EJW Bezirk Schorndorf), Tatjana Braun (1. Vorsitzende EJW Bezirk Kirchheim/Teck), Christoph Klügling, (BAK-Mitglied EJW Bezirk Kirchheim/Teck) Lara Loeprecht (1. Vorsitzende EJW Bezirk Heilbronn), Lea Feßler, (2. Vorsitzende EJW Bezirk Herrenberg), Anika Maier (Leitungsteam Evang. Jugend Kuppingen), Alexander Schmidt (2. Vorsitzender EJW Bezirk Waiblingen) und Pascal Kitschke (1. Vorsitzender CVJM Altensteig-Walddorf) hatten im Laufe eines Jahres das Trainingsprogramm des EJW durchlaufen, das ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Übernahme von Leitungsverantwortung in der Jugendarbeit vor Ort, in CVJM und Bezirksjugendwerken qualifiziert.
Grußworte aus dem CVJM Deutschland und Videobotschaft aus dem YMCA Südsudan
In seinem Grußwort rief Hansjörg Kopp, Generalsekretär des CVJM Deutschland, dazu auf, Hoffnungsgeschichten miteinander zu teilen. Als Beispiel nannte er eine CVJM-Gründung in Brandenburg und das Jugendleiterprogramm des YMCA Kosovo, das in den letzten 10 Jahren 3.000 jungen Menschen durchlaufen haben.
Eine Videobotschaft schickten die Vertreter des YMCA Südsudan, mit dem der EJW-Weltdienst seit Ende 2022 eine neue Partnerschaft begonnen hat. Ein ursprünglich geplantes Video des YMCA Sudan konnte wegen der aktuellen Krisensituation im Land nicht realisiert werden.
Dank an Hans-Joachim Janus
Für Hans-Joachim Janus, Leiter des Referats 2.2 im Evangelischen Oberkirchenrat, war diese Delegiertenversammlung die letzte in seiner Funktion als Vertreter des Oberkirchenrats (OKR) im Vorstand des EJW. Er wird im Frühjahr 2024 in den Ruhestand gehen. Andreas Lämmle dankte ihm für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Janus gab dem EJW mit auf den Weg: „Bleibt als EJW glaubensmutig, hoffnungsfroh und wie bisher selbstständig im Auftrag der Landeskirche – und vertraut auf Gott, es wird Neues entstehen!“
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