Unter dem Thema "Kinder, ihr sollt leben" haben Amtsträger aus Kirche, Kommune und Politik am Sonntag in Ulm über die aktuelle Situation in der Kinder- und Jugendpolitik diskutiert. Die Podiumsteilnehmer gingen dabei auch auf mögliche künftige Trends ein.
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vlnr Stefan Mappus, Ivo Gönner, Harald Alber, Gabriele Wulz, Berthold Frieß
Prägende Themen der Veranstaltung, die einen Programmteil beim 42. Landesposaunentag bildete, waren Ganztagesschulen und Elementarerziehung. Die Podiumsteilnehmer vor rund 100 Besuchern im Stadthaus von Ulm waren Landesjugendreferent Berthold Frieß, Landtagsmitglied Stefan Mappus (CDU), Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner und die Ulmer Prälatin Gabriele Wulz. Die Veranstaltung wurde moderiert von Harald Alber, dem Vorsitzenden des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg (ejw).
Mappus begrüßte die für 2012 geplante Einführung des Betreuungsgeldes ausdrücklich. "Wer seine Kinder im Alter zwischen null und drei Jahren selbst erzieht und damit den Staat entlastet, der verdient Anerkennung in Form einer finanziellen Unterstützung", sagte der Chef der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag. Hingegen sei es nicht sinnvoll, die gebührenfreie Unterbringung von Kindern in Kindergärten zu garantieren. "Ich finde es sinnvoller, die 100 Millionen Euro, die hierfür jährlich notwendig wären, in Bereiche zu stecken, in denen es gravierende Probleme gibt", befand Mappus.
Gabriele Wulz musste gestehen, dass die Kirche zwar gern für ihre Rolle als Trägerin von Betreuungsstätten einsteht, es aber in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden sei, diese Funktion auch problemlos zu erfüllen. Andererseits, so Wulz, "sagt die Landeskirche ausdrücklich Ja zur Mitgestaltung der neuen Entwicklung." Damit spielte die Prälatin auf den angekündigten Ausbau der Kindertagesstätten an. Es sei aber nicht zu übersehen, betonte Wulz, dass es eine Reihe widriger Umstände gebe. "In manchen Gemeinden des ländlichen Raums fehlt es heute schon an den Kindern, die es braucht, um einen Kindergarten am Leben zu halten."
Frieß, der als Referent für den Bereich Jugendpolitik im ejw zuständig ist, gestand, dass er und seinesgleichen "ein wenig neidisch auf die Diskussion zur Elementarbildung schauen – nicht etwa, weil wir die Bildung der Kleinsten für unwichtig halten, sondern wegen des Risikos, dass wir dabei andere Gruppen aus dem Blick verlieren." Das ejw habe begonnen, verstärkt auch auf informelles Lernen zu setzen, um jungen Menschen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern.
Nach Angaben von Ivo Gönner würden die kommunalen Behörden sich künftig nicht mehr nur darauf beschränken können, Schulgebäude zu verwalten und in Stand zu halten. "In Zukunft werden sich Kommunen mit Sicherheit auch entscheidend in der Schulpolitik und der Entwicklung von Lehrplänen engagieren", prophezeite der Ulmer Oberbürgermeister. Es sei von größter Wichtigkeit, jungen Menschen einen weitgehend reibungslosen Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. "Die Schnittstelle zwischen Schule und Ausbildung ist zumindest ebenso wichtig die Schnittstelle zwischen Kindergarten und Grundschule."
Eine generelle Einführung von Ganztagesschulen ist nicht sinnvoll, betonte Mappus am Sonntag erneut und reflektierte damit die Ansicht seiner Landtagsfraktion. "Ich bin der Ansicht, dass die Einführung von Ganztagesschulen flächendeckend und bedarfsorientiert sein sollte. "Die letzte Entscheidung sollte bei den Kommunen liegen. "Wenn eine Kommune eine Ganztagesschule haben möchte, wird sie sie bekommen. Aber ob eine solche Schule tatsächlich nötig ist, sollte letztlich im Ermessen der jeweiligen Kommune liegen." Immerhin sei es unübersehbar, dass die Mittel, die der Staat den Kommunen für die Betreibung von Ganztagesschulen zur Verfügung stellt, längst nicht ausgeschöpft werden. Das wiederum scheine darauf hinzudeuten, dass viele Gemeinden die Einführung von Ganztagesschulen scheinbar nicht benötigen. "Wenn eine Kommune die Bildung ihrer Kinder auf andere Weise gewährleisten kann als durch eine Ganztagesschule, kann das doch ausgesprochen positiv sein", befand Mappus. "Andererseits sind eine Vielzahl von Ganztagesschulen ja auch nicht zwangsläufig ein Qualitätssiegel."
von Edgar Hälbich
Das Evangelische Jugendwerk in Württemberg (EJW) koordiniert, fördert und gestaltet die evangelische Jugendarbeit in Württemberg. Unser Ziel ist es, junge Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen, ihren Glauben im Alltag zu stärken und sie bei ihrem Engagement für Jugendarbeit und Gesellschaft zu unterstützen. Kurz gesagt: begegnen, begleiten und befähigen. Deshalb unterstützen wir Kinder, Konfirmanden, Jugendliche, Familien und (junge) Erwachsene über unsere sinnstiftenden Arbeitsbereiche, Veranstaltungen, Bildungsangebote und Reisen. Zudem bringen wir die einzelnen Jugendwerke vor Ort sowie in den Bezirken voran. Als größter konfessioneller Jugendverband in Baden-Württemberg bieten wir jährlich circa 306.000 jungen Menschen regelmäßige und circa 462.000 einmalige Angebote. Wir arbeiten selbstständig im Auftrag der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und mit einem großen Netzwerk an Partnern. Mehr über uns erfahren Sie unter www.ejwue.de/ueber-uns/wer-wir-sind/