Immer häufiger werden wir gefragt, ob wir „was zu Bildrechten" haben.
Rein juristisch schließen wir uns der Handreichung des Oberkirchenrats zum Fotografieren in der Gemeinde an. Diese findet sich im Dienstleistungsportal der Landeskirche unter dem Aktenzeichen 55.84-Nr. 9/2.2 (folgender Link: http://www.ejwue.de/fileadmin/Service/pdf/okr_bild_anhang65701.pdf).
Ergänzend hierzu versuchen wir, die (mehrschichtige) Problematik aus Sicht der EJW-Praxis darzustellen:
1. Um was geht es? Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht
Jedes Foto ist ein (mehr oder minder gelungenes) Werk, an dem Urheberrechte bestehen oder mit dem andere Rechte in enger Verbindung stehen.
Es geht also zum einen ums Urheberrecht, das den Schutz der Rechte an Werken „der Literatur, Wissenschaft und Kunst“, bezweckt, so § 1 des Urheberrechtsgesetzes. Geschützt wird in diesem Zusammenhang insbesondere der Fotograf.
Zum anderen geht es um die Rechte derer, die fotografiert werden oder deren „Werke“, z.B. Kunstwerke. Im ersten Fall wird das sog. Persönlichkeitsrecht tangiert, im zweiten Fall wiederum das Urheberrecht gemäß UrhG.
Wer diese Rechte vorsätzlich oder fahrlässig nicht beachtet, muss damit rechnen, zur Kasse gebeten oder gar vor den Kadi gezerrt zu werden.
Da im Rahmen unserer Jugendarbeit sehr viele Bilder veröffentlichen werden, z.B. auf Homepages, im Urwald der „social media“, in Rund- und Gemeindebriefen, in Zeitschriften wie dem Unter Uns oder auch anlässlich von Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen, sollte sich jeder verantwortlich mit folgenden Themen auseinandersetzen:
2. Fotografen/Fotografinnen und ihr Recht am Foto als Werk
Wir beginnen mit dem Urheberrecht, konkret mit dem Urheber eines Werks: Fotografen und Fotografinnen sind als erste zu fragen, wenn ein Bild von ihnen veröffentlicht werden soll.
Denn der oder die Fotograf oder Fotografin hat damit – bei aller Einfachheit, die die digitale Fotografie bietet - eine persönliche geistige Schöpfung geschaffen, die nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützt ist.
- Als Urheber hat er oder sie zunächst einmal die ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß der §§ 15 ff. UrhG inne. Diese gelten selbst für gewünschte Personenfotos (sog. „Bildnisse“ im Sinne des § 60 UrhG, s.u. Ziff.5), also z.B. für „bestellte und gestellte“ Fotos eines Neugeborenen, eines Konfirmanden oder eines Brautpaares. In diesen Fällen darf man nur in geringem Umfang Vervielfältigungsstücke herstellen und diese verbreiten, aber niemals entgeltlich oder zu gewerblichen Zwecken (vgl. § 60 UrhG).
- Gegen jede aus seine/r Sicht entstellende Nutzung seines Bildes (selbst gegen eine gutmeinte Bildbearbeitung) kann der/die Fotograf/in auf rechtlichem Wege vorgehen!
- Da das Urheberrecht am Bild erst nach fünfzig Jahren erlischt, sollten auch Papas oder Opas alte Schwarzweißbildchen vom CVJM-Zeltlager nur nach entsprechender Absicherung veröffentlicht werden.
3. Übertragung der Nutzungsrechte auf andere
Allerdings kann der oder die Fotograf/Fotografin die Urheberrechte an seinem/ihrem Bild anderes übertragen, gegebenenfalls unter genau festgelegten Bedingungen oder gegen Entgelt. Er/sie kann festlegen, dass es nur in einer bestimmten Veröffentlichung erscheint, ob es nur einmal erscheinen darf, mehrmals oder unbegrenzt, oder dass es nur in einem bestimmten Zusammenhang erscheinen oder eben nicht erscheinen darf. Je genauer die Nutzungsmöglichkeit abgesprochen (und dies am besten schriftlich fixiert) wurde, desto weniger kann es im Nachhinein zu Streitigkeiten kommen.
4. Quellenangabe
Selbst wenn der Fotograf/die Fotografin die Nutzungsrechte an seinem/ihrem Bild umfänglich übertragen hat, kann er/sie sein/ihr Recht zur Namensnennung (oder z.B. der Marke, unter der er/sie auftritt) durchsetzen (wenn darauf nicht ausdrücklich verzichtet wurde). Darum sollte gerade dieser Punkt ebenfalls mit dem Fotografen / der Fotografin angesprochen werden und außerdem die Frage, ob die Quelle auf oder unter dem Bild selbst genannt werden soll oder zusammengefasst im Impressum (wie es bei vielen Fachzeitschriften üblich ist).
Im digitalen Bereich ist eine direkte (unlösbare) technische Verknüpfung der Quellenangabe mit der Fotografie nach aktueller Rechtsprechung des OLG Köln (Beschluss vom 15.8.2014, Az 6 U 25/14) jedoch nicht notwendig.
5. Ganz heikel – das Recht des Fotografierten „am eigenen Bild“
Das Gesetz spricht bei solchen Aufnahmen von „Bildnissen“ (§ 60 UrhG), also genaugenommen nicht von der gesamten Fotografie, sondern von dem Bereich, in dem die äußere Erscheinung des Menschen (Gesichtszüge, Gestalt, sogar nur Körperteile) abgebildet ist.
Es gibt wenige Ausnahmen, bei denen Personen, die auf Fotos abgebildet sind, bei einer Veröffentlichung nicht um Erlaubnis gefragt werden müssen.
Diese Ausnahmen sind bislang in § 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG oder KUG) geregelt. Seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) ist unklar, ob die Regelungen des KUG (die nach einem Urteil des OLG Köln im journalistischem Bereich weiterhin Geltung haben) im sonstigen Bereich durch die DS-GVO verdrängt werden.
Wäre dies der Fall, sind solche Aufnahmen lediglich ohne explizite Einwilligung des Abgebildeten möglich, wenn ein sog. "berechtigtes Interesse" des Verantwortlichen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO vorliegt. Denkbares berechtigtes Interesse wäre die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit; allerdings ist es in der Praxis sicher schwer zu entscheiden, welche Kriterien eine Fotografie oder ein Video erfüllen muss, um unter den Kunstbegriff zu fallen.
Würde das KUG dagegen weiterhin (entweder direkt oder in analoger Anwendung oder als Auslegungsgrundlage) gelten, so müsste z. B. von bestimmte Mitarbeitende keine ausdrückliche Einwilligung eingeholt werde. Gemeint sind Personen, die erkennbar in der Öffentlichkeit stehen oder sogar stehen wollen, weil sie z.B. ein herausgehobenes Amt haben (z.B. Lagerleiter, Pfarrer). Die frühere Unterscheidung zwischen den relativen und den absoluten Personen der Zeitgeschichte gibt es nicht mehr, es ist mehr eine Abwägungsfrage geworden: „In welchem Maß muss ein Abgebildeter damit rechnen, dass er im öffentlichen Interesse steht?“ Je mehr die Person gewollt oder ungewollt im Licht der Öffentlichkeit steht, umso weniger schutzwürdig ist sie diesbezüglich.
Also muss jede/r Musiker/in, Prediger/in oder sonstige/r öffentlich auftretende/r Künstler/in und Vortragende/r damit rechnen, dass sein/ihr Bildnis – womöglich auch für ihn/sie unvorteilhaft – in einem On- oder Offline-Medium erscheint.
Dasselbe gälte z. B. für Teilnehmer einer öffentlichen Versammlung – und dazu gehören übrigens auch Gottesdienste, Konzerte u.ä. – egal ob unter freiem Himmel oder in geheiligten Hallen; die Grenze zum Bildnis liegt (schwer definierbar) dort, wo eine Person offensichtlich hervorgehoben oder fokussiert erkennbar ist. Natürlich kann der/die Pfarrer/in oder ein Mitglied des Kirchengemeinderats im Kirchengebäude das Hausrecht geltend machen und Fotografien unterbinden – so etwas sollte aber immer in aller Freundlichkeit und mit der Bitte um Verständnis geschehen.
Grenzwertig und schwer zu beurteilen sind Bilder von solchen „Prominenten“, die deren privaten Bereich zuzuordnen sind (Beispiel: Gemeindediakon im Fitnessstudio) oder die gar die Intimsphäre betreffen (Beispiel: Pfarrer in der Badehose anlässlich einer offiziellen Gemeindefreizeit). Hier sollte vor einer Veröffentlichung regelmäßig das Einverständnis eingeholt werden.
Der Streit um die Anwendbarkeit des KUG ist derzeit (Oktober 2019) immer noch nicht entschieden, es setzt sich aber zunehmend die Ansicht durch, dass jedenfalls die "Wertungen" des KUG einfließen müssen, wenn gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO eine Abwägung getroffen werden muss: Nach dieser Norm sind die berechtigten Interessen des Verantwortlichen (bzw. eines Dritten) abzuwägen gegen die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen (hier: fotografierten) Person.
D. h. im Ergebnis lässt sich festhalten, dass ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen, ein Bildnis auch ohne Einwilligung veröffentlichen zu dürfen (vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung) in den meisten Fällen gegeben sein dürfte, wenn es sich um eine "zeitgeschichtliche" Aufnahme (also z. B. eine Person der Zeitgeschichte) handelt, oder wenn die abgebildete Person nur als "Beiwerk" (also mit untergeordneter Bildbedeutung) erscheint oder aber wenn es sie an einer öffentlichen Menschenansammlung (z. B. Konzert, Demo, Gottesdienst o. ä.) teilgenommen hat.
Sollte aber auch nach Interessenabwägung eine Einwilligung notwendig sein, so ist es wichtig, dass die Personen (bzw. ihre gesetzlichen Vertreter) das konkrete Bild vor Augen haben, bevor sie einwilligen, denn schon kleine Auffälligkeiten können ein Bildnis subjektiv unerträglich machen, und wenn es nur der Gesichtsausdruck, der Faltenwurf am Shirt oder die falsch liegende Haarsträhne ist.
Achtung: Unter Umständen kann es bereits strafbar sein, bestimmte Aufnahmen überhaupt ohne Befugnis herzustellen (vgl. den 2015 neu gefassten Paparazzi-Paragraph § 201a, hier v.a. Abs.1 StGB). Das kann die heimliche Aufnahme der Jugendreferentin in der Umkleidekabine oder im Solarium sein aber auch die des kranken Posaunenwarts im Klinikbett. Das Gesetz schützt den sogenannten "höchstpersönlichen Lebensbereich" so streng, dass bereits Ansätze zu einer Rechtsgutsverletzung verpönt sind (§ 201a Abs.1 Ziff.1 StGB).
Spätestens, wenn sich diese Person in einer sogenannten "hilflosen" (nicht "hilfsbedürftigen") Lage befindet, sich also nicht gegen Fotografieren zur Wehr setzen kann, macht man sich bereits in dem Moment strafbar, in dem man auf den Auslöser drückt - selbst wenn man gar nicht vorhat, das Bild anderen zugänglich zu machen (§ 201a Abs.1 Ziff.2 StGB).
Gemäß dem seit § 201a II StGB macht sich weiterhin strafbar, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.
Merke also:
Fotos machen ist nicht schwer, doch gar nicht ungefährlich
Wer Fotos schießt, ohne zu denken, kann Ärger kriegen, ehrlich
Und wer die Fotos unbedacht ins Netz stellt, lernt vielleicht
Dass uns zur kriminellen Tat oft schon ein Knopfdruck reicht
6. Obacht bei der Nutzung von Bilderdatenbanken (sog. Stockfotos)
Selbst bei der Nutzung kostenfreier und/oder lizenzfreier Bilddatenbanken sind in der Regel Nutzungsbedingungen zu beachten, umso mehr bei kostenpflichtigen und lizenzpflichtigen Angeboten
Wir möchten hierbei auf unsere Hinweise im Rundschreiben vom 18.3.2014 hinweisen und dringend empfehlen, diese Rundschreiben zu abonnieren und regelmäßig zu lesen:
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