Seit 30 Jahren verbindet eine intensive Partnerschaft die Evangelische Landeskirche in Württemberg und die Rumänisch-Orthodoxe Erzdiözese Vad, Feleac und Cluj. Eine Delegation unter Leitung von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (auf dem Foto in der Mitte) reiste vom 6.-9. Juli 2024 nach Cluj, um gemeinsam das 30jährige Jubiläum zu feiern. Mitglieder der Delegation waren Kirchenrätin Dr. Christine Keim, der Direktor des PTZ, Kirchenrat Stefan Hermann, als Vorsitzender des Arbeitskreises Orthodoxie (AKO), Kirchenrat i.R. Hans-Joachim Janus für das Ev. Jugendwerk in Württemberg (EJW), DiMOE-Pfarrerin Dr. Maria Gotzen-Dold und Diakon Pétur Thorsteinsson als Geschäftsführer von Hoffnung für Osteuropa (HfO/DWW). An den Gesprächen haben auch Vertreter aus Kirchenleitung und Fakultät sowie Äbtissin Pamphilia (rechts im Bild) vom orthodoxen Frauenklosters Piatra Fântânele mit zwei Schwestern teilgenommen. Auf rumänisch-orthodoxer Seite hat Prof. Dr. Stefan Iloaie, der von Anfang aktiv an der Gestaltung der Partnerschaft beteiligt ist, zusammen mit Hans-Joachim Janus ein umfangreiches Besuchsprogramm zusammengestellt.
Rückblick
Mit der Einladung von S.E. Erzbischof Bartolomeu Anania durch Landesbischof Eberhardt Renz im Jahr 1994 hatte es angefangen. Es gab einen intensiven Austausch von Erzbischof Bartolomeu mit der Diakonissenanstalt Stuttgart und persönliche Begegnungen mit den dortigen Schwestern. Zwei Jahre später war eine Delegation von den Diakonissen nach Cluj eingeladen. Das gegenseitige Kennenlernen von Spiritualität und Wohltätigkeit prägte diesen Kontakt zwischen den Stuttgarter Diakonissen, der Orthodoxen Frauengesellschaft und zwei Klöstern.
Die guten Kontakte von Kirchenrat Manfred Wagner waren hilfreich beim weiteren Ausbau der Partnerschaft, die immer breiter wuchs. Zahlreiche Besuchen und Projekte zwischen dem Evangelischen Jugendwerk (EJW) und dem Kloster Piatra Fântânele kamen ab 2002 dazu. Bereits 2003 gab es das 1. Aufbaulager im Kloster, dem sich vier weitere anschlossen. Es gab Begegnungen bei Jugendtagen in Stuttgart, Studienreisen und Einkehrtage im Kloster sowie Begegnungen zwischen Studierenden aus Cluj und Ludwigsburg. Besonders der Kirchenbezirk Brackenheim war in diesen Anfangsjahren sehr involviert und unterstützte tatkräftig und voller Engagement die wachsenden Beziehungen u.a. mit zahlreichen Hilfstransporten für Krankhäuser, Schulen und Jugendzentren.
EJW-Weltdienst und das Kloster Piatra Fântânele
Die Begegnungen junger Menschen und die gemeinsamen Workcamps im Kloster sind von Anfang und bis heute wichtig für die enge Verbindung zwischen dem Ev. Jugendwerk in Württemberg und den Nonnen im Kloster Piatra Fântânele sowie der orthodoxen Studentenorganisation ASCOR. Das Kloster in Piatra Fântânele ist der Ort, an dem beides – orthodoxe Frömmigkeit und die Schönheit Siebenbürgens – sich ereignet hat und bis heute immer wieder neu erlebbar ist.
Kirchenrat i.R. Hans-Joachim Janus überbrachte als Vorsitzender des EJW-Weltdienst die herzlichsten Grüße und Segenswünsche zu diesem Jubiläum, namentlich von Andreas Lämmle, dem Vorsitzenden und von Pfarrer Cornelius Kuttler, dem Leiter des EJW. Mit 1. Thess. 2, 8 beschrieb er eindrucksvoll die gemeinsame Geschichte: „Wir hatten euch so sehr ins Herz geschlossen, dass wir bereit waren, euch nicht nur teilhaben zu lassen an der guten Botschaft von Gott, sondern unser eigenes Leben mit euch zu teilen.“
Stariza Pamphilia und Priester Gavril haben zusammen mit allen Nonnen ihre Herzen geöffnet. Sie haben alle, die im Kloster zu Gast waren, daran teilhaben lassen, dass das offene Herz eine innere geistliche Haltung ist. Ausdruck des Glaubens in der Tradition des orthodoxen Herzensgebetes. Menschen werden mit Leib, Seele und Geist vor Gott Gebet.
Dankbar blickte er zurück: Von 1999 bis 2023 gab es 39 offizielle Reisen nach Siebenbürgen und nach Württemberg. Workcamps, Einkehrtage, Fachkräfteaustausch, Roadtrip und Wohnmobilrundreise, Jugendtage, Younify, Youth meeting in Cluj. Daneben viele persönliche Besuche und Begegnungen. Für das nächste Jahr ist eine Ikonenschreibwerkstatt gemeinsam vorbereitet. Jungen Menschen aus Württemberg können im Kloster in das Mysterium eintreten und selbst eine Ikone schreiben.
Hans-Joachim Janus erinnerte an das Projekt „kurze Beine – kurze Wege“. Im Kloster Piatra Fântânele haben die Nonnen ein Internat eröffnet. So müssen Kinder nicht mehr zu Fuß bei Wind und Regen täglich durch das Gebirge gehen, wo es weder Straßen noch Schulbusse gibt. Bildung ist der Grundstein, um die Welt verstehen zu lernen. Bildung in einem weiten und umfassenden Verständnis, zu dem auch die Herzensbildung gehört. Die Kinder werden im Alltag ganz praktisch in den christlichen Glauben mit hineingenommen. Für die Freiwilligen aus dem EJW eine wunderbare Möglichkeit, sich einzubringen und mitzuarbeiten. Eine wertvolle und wichtige Arbeit auch für die nächsten Jahre.
Für den Vorsitzenden des EJW-Weltdienstes geht es weniger um den Besitz, von dem der einzelne abgeben soll (das auch): „Es geht um das, was in meinem Leben wertvoll ist und woran die, die mir ans Herz gewachsen sind, teilhaben sollen. Im Griechischen steht hier: ‚an unserer Seele‘ teilhaben. Also an dem, was mich in meinem Innersten ausmacht. Das umfasst alles: Wohnen, essen, arbeiten, spielen, glauben. Das ganze Leben in seiner Fülle und den Tod.“ So umfassend ist die Partnerschaft zwischen EJW-Weltdienst und Kloster. Er schloss mit den Worten „Vă mulțumim pentru tot. Dumnezeu să ne dea binecuvântarea Sa. La mulți ani! (Herzlichen Dank für alles. Gottes segne euch. Auf viele Jahre).
Im Anschluss an sein Grußwort verlieh Kirchenrat i.R. Hans-Joachim Janus im Namen des EJW die goldene EJW-Nadel an Prof. Dr. Stefan Iloaie, Stariza Pamphilia und Priester Gavril. Gemeinsam mit Kirchenrätin Dr. Christine Keim überreicht er an das Kloster einen Scheck in Höhe von 3.000 EUR als Jubiläumsgeschenk, gemeinsam finanziert durch den Oberkirchenrat / Dezernat 1 und dem EJW-Weltdienst.
Zusammenarbeit in der Diakonie
Über die Aktion „Hoffnung für Osteuropa“, die von Landeskirche und Diakonie Württemberg gleichermaßen getragen wird, gibt es langjährige Beziehungen mit der kirchlichen Stiftung der Orthodoxen Frauengesellschaft. Das ist eine sehr wichtige Verbindung, die auch in Zukunft weiter gestaltet werden soll. Die Neugründung der Stiftung in der Erzdiözese im Jahr 1994 war ein Meilenstein der Sozialen Arbeit. Die Landeskirche ist dankbar, dass im Jahr 1996 auch der Austausch zwischen den Frauenvereinen bzw. der Frauenarbeit in unseren Kirchen ein Teil der Partnerschaft wurde, sowie eine parallele Entwicklung beim Austausch mit der Diakonie.
Ausblick
Mit großem Dank wurde alle Personen und Einrichtungen bedacht, die seit Jahren diese Partnerschaftsarbeit in den verschiedenen Bereichen fortführen und auch einen Austausch im Bereich Bildung ermöglichen. Künftig ist daran gedacht, noch stärker bei ethischen und religionspädagogischen Themen zusammenarbeiten. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl betonte in seinem Grußwort die bleibende Verbundenheit: „Ich hoffe darauf, dass der dreieinige Gott unsere Partnerschaft gerade durch die großen gemeinsamen Herausforderungen stärkt und die geschwisterliche Liebe in uns immer wieder neu entzündet, so dass wir uns bestärken und trösten können. „Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ (1. Korinther 3,11). Wenn wir auf diesem Grund stehen und in Christus gegründet sind, dann sind wir auch in der Ökumene vereint.“
Anschließend besuchte die Delegation in Hermannstadt die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien. Auch hier waren die Gespräche mit Vertretern und Vertreterinnen vom Konsistorium, besonders mit Hauptanwalt Gunesch, der Synodenpräsidentin Frau Dr. Schuster, Gemeinden vor Ort samt dem Besuch eines Altenheims und eines Freizeitheims, in dem derzeit ukrainische Geflüchtete untergebracht sind, sehr eindrucksvoll. Die Beziehungen zur Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien sind seit vielen Jahren im Rahmen der communio im Lutherischen Weltbund gewachsen und von vertrauensvoller Zusammenarbeit geprägt
Hans-Joachim Janus, 1. Vorsitzender EJW-Weltdienst