Nicht nur in den Sommermonaten stellt sich die Frage, was bei Badeaktionen wie einem Freibadbesuch, einem Hallenbadbesuch oder einer Freizeit am Meer und sonstigen Gewässern mit Jugendgruppen zu beachten ist. Häufig ist vor allem die Frage nach der erforderlichen Qualifikation der Aufsichtspersonen (Rettungsschwimmer).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem der Begriff der Rettungsfähigkeit:
Als Rettungsfähigkeit wird die Fähigkeit definiert, einen Menschen aus einer lebensgefährdenden Situation im Wasser befreien zu können. Was das konkret bedeutet, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab wie z. B. der Beschaffenheit des Badestrandes oder des Schwimmbeckens. Deshalb müssen nur bestimmte Mindestanforderungen auf jeden Fall erfüllt werden: Rettungsfähig ist, wer eine im Wasser verunfallte Person,
Das bedeutet, dass juristisch betrachtet nicht zwingend ein zertifizierter Rettungsschwimmer vor Ort sein muss. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) empfiehlt für eine qualifizierte Rettungsfähigkeit aber, dass mindestens eine Aufsichtsperson das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen in Silber besitzt und weitere Begleitpersonen zumindest über das Rettungsschwimmabzeichen in Bronze verfügen.
Die Rettungsfähigkeit sollte regelmäßig, spätestens alle drei Jahre, praktisch nachgewiesen und Erste-Hilfe-Kenntnisse aufgefrischt werden. Es ist davon auszugehen, dass ein Gericht im Schadensfall ähnliche Maßstäbe wie die Ausbildungsinhalte der DLRG an Fähigkeit und Qualifikation der Aufsichtspersonen anlegen wird.
Von den Aufsichtspersonen ist zu erwarten, dass sie schwimmen können, in einem guten gesundheitlichen Zustand und auf Notsituationen im Wasser eingestellt und vorbereitet sind, unabhängig von der konkreten Qualifikation. Zu Beweiszwecken dieser Fähigkeiten ist ein entsprechend bestandener (und dokumentierter) Lehrgang äußerst hilfreich, wenn auch die faktische Rettungsfähigkeit entscheidender ist als der Nachweis.
Unabhängig davon sollte jede Aufsichts- und Begleitperson bei risikogeneigten Aktivitäten im Ernstfall lebensrettende Sofortmaßnahmen ergreifen und Erste Hilfe leisten können. Gleichzeitig muss und darf sich niemand (selbst ein Rettungsschwimmer) in ernsthafte Gefahr für das eigene Leben begeben.
Der Betreuungsschlüssel
Bei der Frage nach der Anzahl der Betreuenden und Aufsichtspersonen für Schwimm- oder Badegruppen kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Entscheidende Faktoren sind die Anzahl der zu betreuenden Personen, deren eigene Schwimmfähigkeit und körperliche Verfassung sowie die Art des Gewässers (z. B. Schwimmbad, Badesee oder Meer).
Gemäß der sogenannten „Qualifizierten Faustregel“ sollte bei gefährlichen Aktionen wie Schwimmen, Skifahren oder Klettern entsprechend den Vorgaben des Landesjugendplans für pädagogische Betreuer ein Schlüssel von mindestens 1:6 anzuwenden sein – also ein Betreuender auf sechs zu betreuende Personen. Immer jedoch sollte eine Mindestzahl von 2 Betreuern vorgesehen sein.
Aufsicht im Schwimmbad
Bei Ausflügen in ein Schwimmbad sollte man sich nicht durch die Anwesenheit eines oder mehrerer Bademeister / Schwimmmeister darüber täuschen lassen, dass man aufgrund der eigenen Garantenstellung nach wie vor grundsätzlich im vollen Umfang die Aufsichtspflicht über die eigene Gruppe wahrzunehmen hat. Zwar hat die Badeaufsicht vor Ort eine allgemeine Aufsichtspflicht für den geregelten Ablauf des Badebetriebes und ist verpflichtet darauf zu achten, dass im Schwimmbecken die Ordnung gewahrt bleibt. Darüber hinaus muss auch das Treiben aller Schwimmgäste beobachtet werden (so auch BGH, NJW 1980, 392). Oft haben Bademeister parallel aber noch zahlreiche andere Pflichten zu erfüllen, wie bspw. das Prüfen der Wasserqualität.
Daher liegt die primäre Aufsichtspflicht bei der jeweiligen Gruppenleitung. Man kann sich lediglich dadurch etwas entlasten, indem man sich und seine Gruppe gleich zu Anfang bei der Badeaufsicht vorstellt und mit dieser vereinbart, wie man sich die Aufsichtspflicht teilt.
Dennoch sollten auch im Schwimmbad entsprechend des oben beschriebenen qualifizierten Betreuungsschlüssel mindestens zwei eigene Aufsichtspersonen anwesend sein, von denen eine ausschließlich für die Beckenaufsicht zuständig ist. Je nach Größe der Gruppe, des Geländes und der Zahl der Becken und sonstigen Einrichtungen (Wasserrutsche, Sprungtürme usw.) sollte die Anzahl der Aufsichtspersonen mit Beckenzuständigkeit entsprechend erhöht werden. Gleichzeitig sollte wiederum mindestens eine Person am zentralen „Lagerplatz“ bleiben, die sich um eine Rundumsicht bemüht und im Notfall schnell involviert ist.
Aufsicht beim Baden in natürlichen Gewässern
Das Baden in Badeseen, Flüssen oder dem Meer birgt im Vergleich zum Baden im Schwimmbad ein erhöhtes Gefahrenrisiko. Oft ist die Wassertiefe nicht bekannt oder schwer einzuschätzen und es kann zu gefährlichen und unberechenbaren Strömungen, Wellengang oder einer Brandung kommen.
Hier sollte möglichst ein ausgewiesener Badebereich benutzt werden, der nicht verlassen werden sollte. Sofern dieser einen Nichtschwimmerbereich ausweist, ist dieser vorzuziehen, auch von erfahrenen Schwimmern. In jedem Fall und vor allem, wenn kein Sicherheitsbereich abgesteckt ist, sind hier die Rettungsschwimmer besonders gefragt.
Nichtschwimmer sollten in natürlichen Gewässern grundsätzlich nicht oder nur nach ausdrücklicher Erlaubnis der Sorgeberechtigten und unter erhöhter qualifizierter Aufsicht ins Wasser gelassen werden. Ansonsten sollten alle Schwimmer mindestens ein Frühschwimmer-Abzeichen („Seepferdchen“) vorweisen können, was die Sorgeberechtigten schon im Anmeldeprozess mitgeteilt haben sollten. Unabhängig davon sollten sich die Aufsichtspersonen vor dem Baden persönlich von der Schwimmfähigkeit der Beaufsichtigten überzeugen, was beispielsweise im Rahmen eines gemeinsamen Schwimm-Spiels im ungefährlichen Wasserbereich unauffällig beobachtet werden kann.
Niemals sollten sich Aufsichtsführende allein auf die mündliche Aussage der Teilnehmenden über deren Schwimmfähigkeit verlassen. Selbst eine schriftliche Bestätigung der Eltern reicht nicht unbedingt.
Dies ist zumindest die Konsequenz aus der mittlerweile rechtskräftigen Verurteilung einer Betreuerin durch das Amtsgericht Kulmbach vom 5.4.2018 wegen Fahrlässiger Tötung. 2014 war im Freibad von Himmelkron die damals achtjährige Vanessa ertrunken. Weder die Gruppenleiterin noch der Bademeister hatten dies bemerkt. Letzterer wurde aufgrund der Umstände sogar freigesprochen, während der Betreuerin vorgehalten wurde, sich nicht von der Schwimmfähigkeit des Mädchens überzeugt zu haben. Das Gericht erkannte für Recht, dass selbst die schriftliche Bestätigung von Eltern, dass ihr Kind schwimmen kann, nicht ausreichend sei. Vielmehr müsste man die beaufsichtigten Kinder tatsächlich vorschwimmen lassen.
Badezeit
Je nach Alter und Kondition der Kinder sollte die Badezeit begrenzt werden. Spätestens bei Anzeichen von Auskühlung oder Erschöpfung sollten die betroffenen Minderjährigen aus dem Wasser geholt werden, ggf. sollte das Baden der gesamten Gruppe früher beendet oder zumindest längere Zeit unterbrochen werden.