Vereinsrecht – die Eventualeinberufung

02.08.2024

Evangelische Jugendarbeit in Württemberg wird nicht zuletzt von zahlreichen Vereinen (v. a. CVJM) getragen; diese haben sich rechtlich an die Vorgaben des BGB, der Rechtsprechung und ihrer auf dieser Grundlage erstellten Satzung zu halten – und diese Rechtsgrundlage kann erstaunliche Freiheiten lassen, beispielsweise bezüglich der Beschlussfähigkeit.

Die meisten Vereine im Kontext des EJW beinhalten Regelungen zur Beschlussfähigkeit, wie z. B. diese Musterformulierung für CVJM:

Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß eingeladen wurde und wenigstens 1/4 der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind.

Wer diese oder eine ähnliche Klausel in seiner Satzung hat, sollte unbedingt auch eine Klausel zur sogenannten Eventualeinberufung aufnehmen, die dann greift, wenn das Beschlussfähigkeitsquorum nicht erreicht wurde. Das wurde im April 2024 wieder durch ein aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe bestätigt und dargelegt (Urteil vom 29.04.2024, 19 W 21/24 [Wx]).

Die Vorgaben des Gesetzes (BGB)

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben zur Beschlussfähigkeit von Mitgliederversammlungen. Vielmehr ist nach dem BGB jede ordnungsgemäß einberufene Mitgliederversammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschlussfähig – selbst, wenn nur ein Mitglied erscheint.

Das könnte natürlich zur Folge haben, dass bei schlecht besuchten Versammlungen eine kleine Minderheit der Mitglieder wesentliche Entscheidungen treffen oder gar die Satzung ändern könnte. Zwar ist das eher unwahrscheinlich, da alle Mitglieder die Tagesordnung mit der Einladung bekommen und einzelne Beschlussgegenstände dort hinreichend genau angekündigt werden müssen, aber eben denkbar.

Wer nun aufgrund solcher Befürchtungen in seiner Satzung dennoch auf ein Mindest-Quorum Wert legt, sollte die Satzung auf jeden Fall um die sogenannten Eventualeinberufung ergänzen, damit es nicht zur dauernden Beschlussunfähigkeit kommen kann. Das bedeutet, man benötigt eine Satzungsklausel, die den Fall regelt, dass eine Versammlung nicht beschlussfähig ist. Dann soll eine erneute Versammlung – zu den gleichen Tagesordnungspunkten – einberufen werden können, die ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschließen kann.

Die Satzungsklausel zur Eventualeinberufung

Die hier beispielhaft zitierte Musterformulierung für CVJM-Satzungen lautet:

Wird festgestellt, dass die Mitgliederversammlung beschlussunfähig ist, so hat der Vorsitzende zu einer erneuten Mitgliederversammlung, die innerhalb von 2 Monaten stattfinden muss, einzuladen. Diese Mitgliederversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig.

Für diese Eventualeinberufung gelten dieselben Vorgaben bezüglich Form und Frist wie für die Einladung zur regulären Mitgliederversammlung.

Die Satzungsklausel zur unmittelbaren Anschlussversammlung

Vereine, die keine erneute Ladung (mit Form- und Fristvorschriften) möchten, können per ausdrücklicher Satzungsregelung sogar eine Anschlussversammlung am selben Tag, ja sogar im unmittelbarem Anschluss an die nicht beschlussfähige Versammlung vorsehen. Folgendes unverbindliches Beispiel:

Wird festgestellt, dass die Mitgliederversammlung beschlussunfähig ist, kann unmittelbar nach Schluss der Mitgliederversammlung unter Verzicht auf die für die reguläre Mitgliederversammlung erforderlichen Form- und Fristvorgaben eine weitere Mitgliederversammlung (Anschlussversammlung) mit derselben Tagesordnung einberufen werden. Diese Anschlussversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig.

Nur, wenn es eine derartige Klausel mit diesen Inhalten gibt, kann (bzw. muss, wenn man davon Gebrauch machen will) bei der Einladung vorsorglich darauf hingewiesen werden, dass bei Beschlussunfähigkeit eine zweite Versammlung im Anschluss stattfindet.

Fehlt eine solche Klausel, kann die Anschlussberufung nicht „auf dem kurzen Weg“ über die Einladung eingeführt werden, vielmehr muss die Eventualeinberufung auf die gleiche Weise erfolgen, wie die Einladung zur regulären Mitgliederversammlung.

Sinn von Beschlussfähigkeitsklauseln oft fraglich

Wie bereits oben angedeutet, dürften Beschlussfähigkeitsklauseln oft gar nicht notwendig sein, da sie ohne die Möglichkeit der Eventualeinberufung, ggf. der Anschlussberufung nur zusätzlichen, nicht zuletzt zeitlichen Aufwand mit sich bringen, faktisch aber gar nicht notwendig sind, da die engagierten Mitglieder, denen der Verein am Herzen liegt, nach Möglichkeit an jeder Versammlung teilnehmen – und auf diese Leute kommt es eben an.

Tipp:

Wer nicht davon ausgeht, dass die Beschlussunfähigkeit bei einem bestimmten Quorum die Ausnahme bleibt, sollte auf sie (z. B. im Rahmen einer Satzungsänderung) ganz verzichten. Vielmehr genügt für die Beschlussfähigkeit dann eine Klausel, wie sie die CVJM-Mustersatzung (als Alternative) vorsieht:

Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß eingeladen wurde.

Und dann hat sich die Frage nach der Eventualeinberufung automatisch erledigt.

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