Pressefreiheit und kirchliche Jugendarbeit

10.09.2024 | Peter L. Schmidt

Wenn unerwartet die Presse auftaucht – Umgang mit Pressevertreter:innen und Berichterstattung

Die Freiheit der Presse ist in Deutschland zu Recht eines der höchsten Rechtsgüter, es genießt seit 1848 Verfassungsrang. Leider konnte sich die Paulskirchenverfassung nie richtig durchsetzen, die Weimarer Reichsverfassung übersah die Pressefreiheit fahrlässig, und Militärzensur des ersten Weltkriegs sowie Gleichschaltungswahn der Nazis schafften sie jahrelang ganz ab. In der DDR stand sie zwar auf dem Papier der Verfassung, wurde aber durch ein raffiniertes Zensursystem unterminiert.

Wir sind also dankbar, dass wir diese Freiheit heute nutzen dürfen und müssen uns eben auch mit der Kehrseite der Medaille abfinden – wenn nämlich über uns berichtet wird und uns diese Berichterstattung unfair, (ab-)wertend, einseitig oder schlicht falsch erscheint.

Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass Kritik und Witz, auch wenn sie schmerzen, auf mögliche Missstände hinweisen können. Uns bliebt stets die Möglichkeit der (möglichst geistreichen und nicht beleidigten) Gegendarstellung.

Evangelische Jugendarbeit findet grundsätzlich in der Öffentlichkeit statt, nur ausnahmsweise im privaten Rahmen.

Wir werben darum meist öffentlich für unsere regelmäßigen Kreise, Freizeiten und Sonderveranstaltungen, um einen möglichst großen Kreis von Interessenten anzusprechen. Darum müssen wir uns auch den kritischen Blicken der Öffentlichkeit aussetzen, die diese Blicke oft verschärft und fokussiert, manchmal auch etwas verzerrt und unscharf durch die Brille des Journalismus wirft. Wir müssen also immer damit rechnen, dass (kritische) Journalistinnen und Journalisten unsere Veranstaltungen besuchen.

Selbst auf Freizeiten fern der Heimat kann es sein, dass ein*e Journalist*in oder ein Filmteam auftaucht und wissen will, was sich auf unserer Freizeit so abspielt, nicht zuletzt, da man doch für die Kirche oder irgendwie religiös unterwegs ist. Insbesondere der Sensationsjournalismus könnte hier die ein oder andere gute Story wittern.

Natürlich sind auch Krisen (Unfälle, Epidemien) presseaffin und es ist der Öffentlichkeit – zu der wir ja schließlich auch gehören – nicht zu verdenken, dass sie sich dafür interessiert.

Um zu vermeiden, dass zumindest ein unnötig falsches Bild der Jugendarbeit gezeichnet werden kann, raten wir bei Besuchen von Pressevertretern dazu, folgende Grundsätze zu beherzigen:

  • Schon bei der Vorbereitung sollte ein*e Vertreter*in für Öffentlichkeitsarbeit benannt werden. Vor Ort ist dies in der Regel die Freizeitleitung, es sollte aber auch zuhause ein*e Ansprechpartner*in zur Verfügung stehen. Die entsprechenden Kontaktdaten sollten jedem Mitarbeitenden zugänglich und schnell greifbar sein.
  • Auch sollten bereits im Vorfeld Kontaktdaten zu lokalen Zeitungen und eigenen Online-Medien gesammelt und zugänglich gemacht werden.
  • Wenn dann die Presse da ist: Freundliches und zuvorkommendes Auftreten – ohne scheinheilig zu werden.
  • Presseausweis zeigen lassen. (So sehen diese derzeit aus.) Zwar sind Presseausweise keine rechtliche Voraussetzung für journalistische Tätigkeit, ihr Fehlen sollte aber zumindest hellhörig werden lassen – handelt es sich wirklich um eine*n seriöse*n Pressevertreter*in?
  • Zunächst nachfragen, was Anlass und Ziel des Besuches ist.
  • Weder sofort alle neugierigen Fragen beantworten noch sie gleich abblocken („kein Kommentar“).
  • In kritischen Situationen sollte sich kein „einfacher“ Mitarbeitender dazu hinreißen lassen, grundsätzliche Stellungnahmen abzugeben, sondern für solche ausschließlich an die dafür vorgesehenen Personen (Veranstaltungsverantwortliche*r, Öffentlichkeitsbeauftragte*r, Krisenteam usw.) verweisen.
  • Alle Mitarbeitenden sollten über die Anwesenheit des/der Journalisten informiert und an vorstehende Warnung erinnert werden.
  • Nur weitergeben, was gesichert ist, keine Spekulationen, keine Scheibchen-Informationen.
  • Journalisten sollen, sofern bereits ein Interview o. ä. erfolgt ist, ausdrücklich um deren Kontaktdaten (Telefon, E-Mail, Name des Befragenden und seines Instituts) gebeten werden, damit diese an die verantwortliche Person weitergeleitet werden können.
  • Bei journalistisch zweifelhaftem Vorgehen sollte dieses dokumentiert werden (Bericht zeitnah schreiben und weiterleiten, notfalls Beschwerde bei der Verlagsleitung oder beim Deutschen Presserat; sogar fotografieren und filmen ist ggf. zu Beweiszwecken zulässig).
  • Im Extremfall kann das Hausrecht geltend gemacht und Journalisten dürfen des (eigenen) Geländes verwiesen werden.
  • Wenn Minderjährige interviewt oder gar fotografiert/gefilmt werden sollen, muss zumindest das zweite sofort freundlich aber bestimmt unterbunden werden.
  • Ob ein*e Minderjährige*r interviewt werden darf, hängt von seiner/ihrer Einsichtsfähigkeit ab (er/sie muss sich freiwillig interviewen lassen); da wir aber die Aufsichtspflicht über die Kinder übernommen haben, trifft uns hier ein erhöhtes Maß an Schutzpflicht gegenüber den Minderjährigen. Nur wenn ein/e einsichtsfähige*r 14-17jährige/r Teilnehmende*r ausdrücklich in ein Interview einwilligt, sollte ihm/ihr das nicht verwehrt werden, solange der Journalist/die Journalistin unsere Rechte (z.B. das Hausrecht) anerkennt und wir keine Hinweise haben, dass sich die/der Jugendliche durch das Interview selbst schaden könnte.
  • Foto- und Filmaufnahmen des Kindes dürfen ohnehin nur mit Einwilligung der Sorgeberechtigten (ab 14 dazu noch mit Einwilligung des Jugendlichen) veröffentlicht werden.
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