Bereits seit Ende 2014 ist fraglich, ob bei Gemeinde- und Vereinsfesten Selbstgebackenes, Selbstgebratenes und Selbstgekochtes mit einem Hinweis auf allergieauslösende Inhaltsstoffe gekennzeichnet werden muss. Nachstehend soll etwas Klarheit geschaffen werden.
Wie bereits an anderer Stelle dargestellt, erfordert der Umgang mit Lebensmitteln in der Jugend- und Gemeindearbeit erhebliche Kenntnisse in Sachen Lebensmittel- und Personenhygiene. Gesetzlich geregelt ist dies v.a. im Infektionsschutzgesetz (IfSG) und der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV).
Während das IfSG in § 42 die gesundheitlichen Anforderungen an Personen regelt, die mit empfindlichen Lebensmitteln umgehen, bezieht sich die LMHV auf die hygienischen Voraussetzungen, die die Einrichtungen, die Lebensmittel u.a. behandeln und abgeben, zu beachten haben. Dazu gehört auch eine Schulungspflicht gegenüber den Mitarbeitern in Fragen der Lebensmittel- und Personalhygiene.
Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) der EU fordert in ihrer Ziff.3, dass sichergestellt werden soll, „dass die Verbraucher in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, in geeigneter Weise informiert werden.“
Hier geht es zunächst einmal um die Verpflichtung des Lebensmittelherstellers, bestimmte Pflichtangaben in geeigneter Weise auf dem Produkt anzubringen, Dinge wie Zutaten, Nährstoffe, Mindesthaltbarkeitsdatum usw. So müssen bereits seit 2005 bei verpackten Lebensmitteln solche Zutaten, die besonders häufig Allergien oder andere Lebensmittelunverträglichkeiten auslösen, extra ausgewiesen werden.
Wo liegt nun aber die Bedeutung für unsere Jugendarbeit? In Artikel 44 in Verbindung mit Artikel 9 Abs.1 Buchstabe c der Verordnung:
Danach gilt die Kennzeichnungspflicht von Allergie und Unverträglichkeiten auslösenden Zutaten nun auch bei „nicht vorverpackter“, also loser Ware.
Wenn nun also die Kirchengemeinde oder der CVJM ein Mitarbeiterfest veranstaltet oder eine sonstige Veranstaltung durchführt, bei der Lebensmittel verkauft werden, und sei es nur das heiße Würstchen oder der selbstgebackene Träubleskuchen, so ist es möglich, dass diese Dinge tatsächlich nach den Vorgaben der Verordnung gekennzeichnet werden müssen. Artikel 13 verlangt die Anbringung der Allergen-Hinweise an gut sichtbarer Stelle, deutlich, gut lesbar, nicht verdeckt und ohne blickablenkendes sonstiges Material.
ABER:
Die Kennzeichnungspflicht richtet sich an den sog. „Lebensmittelunternehmer“, was eine gewisse Kontinuität der Aktivitäten und einen gewissen Organisationsgrad der Tätigkeit voraussetzt. D. h., Privatpersonen, die gelegentlich Lebensmittel verkaufen, sind nicht von der Kennzeichnungspflicht betroffen. Solange eine ehrenamtliche Tätigkeit diese Schwelle nicht überschreitet, besteht auch keine Kennzeichnungspflicht.
Auch bei den Veranstaltungen unserer Kirchengemeinden, Vereinen und Verbände ist nach unserem Dafürhalten eine „gewisse Kontinuität“ der Tätigkeit und ein „gewisser Organisationsgrad“ in der Regel nicht gegeben.
Unklar ist, wann ein solcher Verkauf als „gelegentlich“ einzustufen ist.
Bei der Entscheidung, ob eine bestimmte Aktivität als unternehmerische Tätigkeit eingestuft wird, berücksichtigen die Behörden die verschiedenen Kriterien im Einzelfall in Kombination.
Nach unserem Dafürhalten dürfte die Kennzeichnungspflicht also dann in unserer Jugendarbeit eine Rolle spielen, wenn der Veranstalter über feste gastronomische Einrichtungen verfügt, bei regelmäßig (d. h., ständig und einer Regel folgend) stattfindenden Veranstaltungen Speisen und Getränke verkauft oder sehr große Veranstaltungen mit Bewirtung durchführt.
Soweit Veranstalter nach den oben genannten Kriterien als „Anbieter von Lebensmitteln“ in Frage kommen, sollten sie sich im Zweifel verpflichtet fühlen, nicht nur diese gesetzlichen Vorgaben zur Kennzeichnung zu kennen und umzusetzen. Auch sollten in diesem Fall die Verantwortlichen Grundkenntnisse zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten erwerben und diese an die „Hersteller“ weitergeben, also auch an den kuchenbackenden Hausmann oder die Hobbyanglerin, die ihre selbst geangelten Forellen beim CVJM-Fest feilbietet.
Die Verordnung ist hier veröffentlicht.